Ermin Döll  gest. 23.1.2021 

Ermin Döll - Nachruf                                          

 

Liebe Leser und Leserinnen!

                                                                                                      Ich bin sehr traurig, dass Ermin Döll, Theologe, Zen Lehrer, Mystiker und christliche Mystiker am 3.1.2021 im 85. Lebensjahr verstorben ist.   

                                                                                       

Ich selbst bin von Beruf Psychotherapeutin,                                    weiters bin ich im Stift Seitenstetten die Referentin von:           ZEN und Christliche MYSTIK   -  STILLE TAGE im Stift     

                                                                            

Von meinen 42 Jahren Meditationspraxis habe ich 10 Jahre lang bei Ermin  Döll gelernt, bis er mir 2013 erlaubt hat selber Seminare für Zen und christliche Mystik abzuhalten.   

Ich war von da an auch als Lehrerin für Zen & christl. Mystik tätig.       Der indische Zen Meister Pater Ama Samy, SJ hat mich in der

Lehrfunktion bestätigt.

 

Dabei ist mir das Kloster Stift Seitenstetten zu einem guten Ort geworden.

 

Was nun ist das Besondere an Ermin Döll?                                                                                                Alle, die Ermin Döll nicht nur als Zen Lehrer kannten sondern ihn im Rahmen seiner Seminare Zen und christliche Mystik kennengelernt haben, alle diese bringen ihn ganz wesentlich mit den Übersetzungen der Texte christlichen Mystiker in Verbindung. Und, da es schon vor ihm Übersetzungen von Menschen wie z.B. einem Meister Ekkehard gab, stellt sich die Frage:

 

Was nun ist das wirklich Besondere daran, dass Ermin diese Übersetzungen anfertigte?

 

Das 1. ist dies, dass er es nicht nur einfach in einem wissenschaftlichen Interesse tat, sondern          

dass er als praktizierender Mystiker und christlicher Mystiker übersetzte.

Man muss sich dazu verdeutlichen was Übersetzungsunterschiede ausmachen können.                               

Ich will dies an zwei Beispielen erläutern:

Uns allen sind die 10 Gebote bekannt. Nehmen wir nun das 7.und 8. Gebot:

7. Du sollst nicht stehlen.
8. Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen.
                                                                            

Das ist die übliche Übersetzung und anschließende Vereinfachung für den Katechismus.     

Es macht aber einen erheblichen Unterschied wenn die Übersetzung anders lautet:                               

7. Du mögest nicht stehlen.
8. Du mögest nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen

Die Sachverhalte sind in beiden Fällen gleich dennoch gibt es einen wesentlichen Unterschied:                                                             

Im ersten Fall sind es Anweisungen wo man sich, wie halt bei Anweisungen oft einmal üblich man sich möglicherweise auch widersetzt. Im zweiten Fall sind es (dringende) Empfehlungen über die es sich nachzudenken lohnt, wo es Sinn macht sich damit auseinander zu setzten z.B. damit auseinander zu setzen was die  Folgen sind wenn man den Empfehlungen nicht nachkommt etc.

Ein zweites Beispiel sind die Seligpreisungen aus der Bergpredig:     

Auch da sind verschiedene Übersetzungen im Umlauf:                 

 „Selig die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich“ bedeutet etwas anderes als „Selig die einfach leben, denn ihnen gehört das Himmelreich.“                                                                                                     

Die „Armut im Geiste“ ist von der Praxis her jedem bekannt der Zen Meditation praktiziert: Es soll nicht viel drinnen sein im Geist, wenig Gedanken, wenig Gefühle, am besten Nichts.                 

„Einfach leben“ heißt wieder etwas anderes: nicht verschwenderisch sein, bescheiden sein.             

Man kann auch übersetzten: „Selig, die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich.“                            

Wenn man bedenkt was Übersetzung für einen wesentlichen Unterschied machen kann, so kann man gut verstehen, dass Ermins Übersetzung der Mystiker wirklich wichtig ist,- durch seine Feinfühligkeit und Praxis-Orientiertheit beim Übersetzen.

Das 2. ist dies,

dass Ermin Döll wohl der einzige war in der westlichen Welt der immer weiter zurücksuchte nach dem jeweiligen Lehrer des Mystikers den er gerade übersetzte und dass                       

er so die Geschichte der christlichen Mystik ausgegraben hat:

Plotin (kein Christ) geboren im Jahr 204 in Ägypten, mit Lehrtätigkeit in Rom, starb  270 in Kampanien.

Porphyrius (kein Christ) geboren 232 - lebte bis zum Jahr 304.

Proklos (kein Christ) wurde im  Jahre 414 in Konstantinopel geboren. Er studierte (Philosophie und Mystik) in Alexandrien und Athen und war Leiter der Platonischen Akademie in Athen bis zu seinem Tode 485, in jener Universität/Akademie wo die Mystik bewahrt wurde.

Dionysius Areopagita (er lebe ca. um das Jahr 500) unter ihm erfolgte der nahtlose Übergang der

Mystik ins Christentum. Die Mystik brachte zur Zeit ihrer Hochblüte im Mittelalter große Lehrer hervor wie:

Meister Ekkehard 1260 -1328,

Tauler 1300 - 1361,

Seuse  1295 -1366,

Nikolaus v. Kuen 1401- 1461,

Angelius Silesius 1624 - 1677

 

Die Praxis der Mystik hielt an bis in die Zeit der Aufklärung. Dann ging sie verloren.

 

Obwohl Ermin Döll bereits nach seinem 2014 erschienen Buch: „Das Buch der ewigen Weisheit“  mit dem Text von Sr. Katrei bekannt ist, so hat er sich doch hauptsächlich den männlichen Mystikern zugewandt.

Der Grund ist dieser: Da die männlichen Mystiker sehr systematisch lehrten, konnte Ermin Döll durch sie nämlich Folgendes aufzeigen:                                                                                                              Die christliche Mystik hat im Christentum nicht nur eine eigene Theologie sondern wir hatten in Europa auch eine Jahrhunderte währende eigenständige mystische Schule. Wir brauchen heute nicht unbedingt auf die asiatische Philosophie zugreifen, wir haben etwas Eigenes.

Das dritte ist dies, warum er diesen hohen Aufwand betrieb:                                                         

Die gelebte Mystik war am Ermin auch förmlich ablesbar:         

Es ist eine Tatsache, dass es dem Ermin Döll unsere eigene Mystik wert war all sein Wissen und Können in den alten Sprachen: im Altgriechischem, im Lateinischen oder im Althochdeutschen - langfristig über viel Jahre hin werktätig einzusetzen. Er hat in alten Archiven mühsam herum gesucht und sich mit den Urheberrechten alter Schriften befasst. All das zeichnet den Ermin Döll persönlich aus. Er war nicht ein Mensch der schnell und oberflächlich agiert.     

Oft hielt er auch kurz inne bevor er etwas Wichtiges sagte.             

Er tauchte ein in die Tiefe seines menschlichen Selbst - aus der heraus dann seine Gedanken der Oberfläche zustrebten um unser Ohr dann als Sprache zu erreichen.

Ganz so wie es in Ermins Rezitationstexten steht: „Mensch werde wesentlich, denn wenn die Welt vergeht, das Wesen, das besteht.“ Angelius Silesius.  

Er wirkte nie gestresst: „Gott fordert nichts von dir, als dass du ihm sollst ruhn.“ Angelius Silesius.

Er war einfach und bodenständig: „Wenn sich der Mensch entzieht, der Mannigfaltigkeit - und kehrt sich ein zu Gott, kommt er zur Einigkeit!“ Angelius Silesius.                 

Und wie ein persönlicher Bekannter von ihm, Pater Josef Maureder SJ, ihn beschreibt: „Ermin liebte es auch tätig zu sein, für andere zu arbeiten, schien dabei aber ganz er selbst und bei sich zu sein.“ „Ein grundgelassner Mensch ist ewig frei und ein“ Angelius Silesius.

Und um noch einmal Pater Josef zu zitieren: „Wie Meister Eckhart ging es Ermin um die Praxis, er wollte nicht bloß Lehrmeister sein, sondern Lebemeister. Leben und Lehre waren für Ermin nie getrennt.“ - 

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Möge er im Frieden Gottes ruhen!  Und möge ich im Leben und Lehren der christlichen Mystik dem allen Rechnung tragen.  

Key Stagel

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